You are currently viewing Rui Peter-Bessa – vom Techniker in die Capitol-Geschäftsleitung

Rui Peter-Bessa – vom Techniker in die Capitol-Geschäftsleitung

Rui Peter-Bessa ist Schwimmmeister aus Veitshöchheim. Viele kennen ihn aber auch aus dem Nachtleben, vor allem aus dem Capitol. Foto: webflasher

Wenn die Sonne untergeht, dann hat Rui Peter-Bessa eigentlich Feierabend. Dann hüpfen keine Kinder mehr vom Sprungbrett im Geisbergbad in Veitshöchheim und die letzte Portion Pommes mit Ketchup ist verputzt. Der gelernte Schwimmmeister ist nach Arbeitsschluss aber noch nicht auf dem Weg auf die Couch. Als Chef einer Veranstaltungstechnik-Firma verleiht er Soundsysteme und DJ-Equipment. Genau dieser Fakt brachte ihn in den 2010er-Jahren ins Capitol. „Und das in einer Zeit, in der ich kein großer Capitolfan mehr war“, sagt er rückblickend im Interview. „Ich bin damals vom ehemaligen Geschäftsführer Georg Schrade angerufen worden. Er hatte Bedarf an einem Techniker und ich konnte das arbeitstechnisch nebenbei noch stemmen. Ich war nicht allein zuständig, wir waren zu viert für das DJ-Equipment und die Anlagen im Capitol zuständig.“ Rui Peter-Bessa kam ins Capitol, ganz ohne den Königsweg. Der sei: „Eigentlich gehst du privat in einer Disko feiern, bist ohnehin immer da und wechselst dann in einen Job. Im Capitol der 2010er war das etwas anders.“ Im Laden sei er durch seinen Arbeitsauftrag dann aber auch immer gewesen. „Da habe ich mir auch mal erlaubt, etwas zu sagen, beispielsweise wenn ein DJ noch an der Theke gesessen und Kaffee getrunken hat, obwohl der Abend schon gestartet ist.“ Die Meinungsstärke brachte den gebürtigen Portugiesen von 2012 bis 2016 bis in die Geschäftsleitung des Clubs.

Capitol-DJ R.O.B über das Gefühl, wenn einen 1000 Menschen euphorisch anschreien

Techniker im Nebenberuf, DJ aus Leidenschaft

Das Nachtleben war für Peter-Bessa immer ein Thema. In den frühen 2000ern war er bereits im Capitol feiern, damals noch zu „House und Trance.“ Den Sound legte er dann auch selbst auf, meist im Fun in Karlstadt. DJ war er aus Leidenschaft, lebte zeitweise davon und lernte die Technik kennen. Das führte ihn zur Gründung einer eigenen Veranstaltungstechnik-Firma. Sein hauptberufliches Herz schlägt als gelernter Schwimmmeister hingegen für das Wasser. Wandlungsfähigkeit bewies der heute 53-Jährige aber auch im Capitol: „Den Chef Georg hat es immer verblüfft, dass ich Leute zusammenbringen konnte. Einerseits das Organisieren der Technik, aus dem dann auch Freundschaften unter den Technikern entstanden sind. Dann kam der Abend, an dem wir einen spontanen DJ-Ausfall auf dem Floor ‚Alma‘ im Capitol hatten. Ich bin eingesprungen, ab da habe ich immer samstags in der Alma gespielt. Ich war also nicht nur in der Geschäftsleitung und Technik, sondern habe auch selbst aufgelegt.“

DJ Baby Bee: „Der Clubbesitzer bezahlt dich nicht, um einfach nur Musik zu spielen“

Power House – Party Serie – mit DJ BabyBee & Pro Music Veranstaltungen

Die größte Herausforderung im Capitol

Die goldenen 2000er im Capitol, als Großraumdiskotheken noch aus allen Nähten platzten, war zur Zeit von Rui Peter-Bessa in der Geschäftsleitung bereits vorbei. Auch House, Techno und Trance waren es nicht mehr, für die das Capitol bekannt war. Vielmehr war es der RnB. „Wir haben in der Nova zwar noch House und Trance und in der Alma Partymusik gespielt. Auf dem großen Floor waren wir aber ein Black-Music-Laden“, sagt der Veitshöchheimer. DJs wie Babybee prägten den RnB der Zeit, in der noch viele amerikanische Soldatinnen und Soldaten im Club ihr Wochenende verbrachten. „Das war auch unser Zielpublikum“, sagt Peter-Bessa. Er selbst kümmerte sich teils um die Einteilung der DJs. Und auch einer, der die DJs einteile, habe da Lieblinge.

Exklusive Einblicke, wie das Capitol nach und nach umgebaut wird

Erinnerungen an Nächte mit Chris Ruiz, DJ MemBrain und die Club-Rotation

„Ja, ich habe mich immer gefreut, wenn Cris Ruiz aus Frankfurt spielt. Der ist heute tief in der Szene von Ibiza unterwegs und tourt weltweit. Beispielsweise auf dem Tomorrowland. Das verfolge ich noch immer.“ Wenn Cris Ruiz – beispielsweise mit Sean Finn – aufgelegt habe, gab es wieder den Sound, mit dem Rui Peter-Bessa im Club aufwuchs. „Geil war auch die Club-Rotation, die immer wieder im Capitol Station gemacht hat oder wenn der Musiksender VIVA in den 2000ern seine Partys organisierte. Da bin ich dann gerne privat hin.“ Tolle Nächte gab es auch, wenn DJ Dollar Bill oder DJ MemBrain zu Gast gewesen seien. Das war der Hip-Hop und RnB, den das Capitol auch außerhalb des Würzburger Umkreises bekannt gemacht habe. Wenn Peter-Bessa an das alte Capitol denkt, dann aber vielleicht nicht nur an drei verschiedene Floors in einem großen Betongebäude im Mainfrankenpark. „Ich denke vor allem an das Personal von damals, das waren die Wichtigsten für mich. Beispielsweise an jemanden wie Roberto Heinrich alias DJ Rob, der heute noch ein Kumpel von mir ist. Ich kam da rein, da war noch nicht alles im Team stimmig, später wurde daraus eine Gemeinschaft. Wir sind Skifahren gegangen, zum Beispiel. Auch heute treffen wir uns um die Weihnachtszeit und gehen beispielsweise mal essen. DJ Mister Flo, Florian Leistner aus Retzstadt, der fehlt mir heute sehr. Er ist leider vor ein paar Jahren gestorben.“

Der Niedergang des Capitols: Vorhersehbar, sagt Rui Peter-Bessa

Die große Herausforderung sei immer gewesen, die Menschen „da rauszukarren.“ Der Mainfrankenpark ist eben nicht das Stadtgebiet von Würzburg, die Clubs wurden mit der Zeit kleiner und das Nachtleben konzentrierte sich mehr auf das Herz der Stadt. Irgendwann ging es nicht mehr weiter. Der Capitol Music Palace schloss, Fotos dieser Redaktion zeigten später die Verwüstung. Eine ehemalig glanzvolle Disko, die an einen Lost Place erinnerte. Für den Veitshöchheimer Schwimmmeister und ehemaligen Capitol-Techniker kein Wunder: „So wie das Ende abgelaufen ist, war vorherzusehen, dass das passieren kann. Der Abbau war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, das konnte man sehen. Das war schon so gewollt und geplant, dass da kein Club mehr reinkommt.“ Für ihn sei es eine „kleine Schockstarre“ gewesen, die Fotos anzuschauen. Der Laden sei von keinem Fachmann zurückgebaut worden, sagt er. Heute befindet sich eine Spedition in den Räumlichkeiten, das Capitol – liebevoll oft auch Capi genannt – ist Geschichte. Für Rui Peter-Bessa dennoch eine schöne Zeit, dort mitgestaltet zu haben. „Ob beim Einspringen als DJ oder bei Entscheidungen in der Geschäftsleitung: den Rücken für andere freihalten, das war es, was mir am meisten Spaß gemacht hat“.

Du möchtest mehr von mainDing.de sehen? Dann folge uns fix auf FacebookSnapchat oder Instagram!von Manuel Scholze